Führung durch die Baugemeinschaft Garmisch
Historische Mitte neu belebt
Die mitbauzentrale münchen lud am 30. Juni 23 zur Führung durch die Baugemeinschaft Garmisch. Projektideengeber, Projektentwickler und -steuerer, Bänker und – wie sich später herausstellt – Gärtner Theo Peter führt das im Jahr 2016 bezogene Holzbauquartier. Interessierte und Bürgermeister kleinerer Gemeinden aus dem Münchner Umland genossen eine lebendige und anschauliche Führung aus erster Hand.
Von der stark befahrenen St.-Martin-Straße aus vermutet niemand dieses Kleinod mitten in Garmisch. Eine alte Villa mit einem markanten Anbau und unterschiedlich steilen Satteldächern, der Bergkulisse ringsum nachempfunden, schirmt das Wohnquartier vom Verkehr ab.
Gleich am alten Dorfkern mit den ältesten Gebäuden der Stadt – mit Kirchlein, Wirtshaus, Schulhaus. Als wären sie schon immer da gewesen: 21 kompakte Holzwohnhäuser mit vorkragendem Satteldach. Deren horizontale Holzstreben erinnern an Heuhütten, wie sie auf Wiesen rund um Garmisch verstreut stehen. Hier sind sie einander zugewandt, einen geschützten gemeinschaftlichen Hof bildend. Keine Zäune. Und eine Buckelwiese mittendrin. Der gemeinsame Hof hat natürliche Bepflanzungen, Sickerflächen, ist Spielplatz und Begegnungsraum für Bewohnerinnen und Bewohner. Auch Spaziergänger sind hier herzlich willkommen. Sie alle schätzen die Ruhe und sensible Gestaltung mit Blick auf die Kirchturmspitze. Spitze ist natürlich auch die Kulisse der Garmischer Hausberge. Und keiner der Müßiggänger ahnt, dass unter der Buckelwiese eine moderne Tiefgarage sitzt, die alle Autos der Bewohnerinnen und Bewohner versteckt. So als würden sie schon immer hier stehen, diese Hütten mit ihrer dunklen Lasur und gepflegten Patina.
Das ganze Ensemble schmiegt sich harmonisch ans Ortsbild an. Holzbau hat hier seit Jahrhunderten Tradition, immer schon als robuster Baustoff geschätzt. Holz kommt aus den Wäldern ringsum. So sind sie hier nur konsequent, diese raffinierten Wohnhäuser aus Holz. Und: Sie lassen sich je nach Bedarf ganz einfach in zwei Geschosswohnungen teilen.
„Vor wenigen Jahren noch sollte an dieser Stelle ein Luxushotel mit Türmchen wie aus Tausendundeiner Nacht gebaut werden“, wie Theo Peter sagt. Ein Gewerbebau sollte den Hotelkomplex zur Straße hin vor dem Verkehrslärm schützen. Dafür sollte die alte Villa aus 190.. abgebrochen werden. Sie stand nicht unter Denkmalschutz.
Die Garmischer Bevölkerung wehrte sich gegen diese Verunstaltung ihres Dorfkerns durch nicht-ortsansässige Investoren. Hier sollte etwas entstehen von Menschen, die hier leben und wovon der ganze Ort profitiert. Theo Peter, bekannt durch einige ausgezeichnete Baugemeinschaftsprojekte in München und im Umland, wurde zur Beratung hinzugezogen.
Ergebnis nach langwierigen Verhandlungen und Planungen: Das ca. 10.000 qm-große Grundstück wurde durch Privatpersonen von der Gemeinde erworben, als Baugemeinschaft beplant und bebaut. Die Villa wurde von einer anderen Baugemeinschaft vor dem Verfall gerettet, liebevoll restauriert und mit einem modernen Holz-Anbau erweitert. Als nachhaltige Herberge und für Seminargäste aus nah und fern.
Nun mähen die eigenen Schafe die Wiese, die Kinder besuchen einander oder spielen im Hof, die Grundschule ist gleich nebenan, ebenso die Buckelbahn für jugendliche BMX-ler. Jung und Alt miteinander und nebeneinander her.
Und Theo Peter? Er wohnt hier nicht, kommt aber hin und wieder, um die eigenen Enkelkinder hier aufwachsen zu sehen. Und um die Buckelwiese zu pflegen. Er hat sie selbst geplant und gestaltet.