Rückschau Diskussionsrunde Gebäudetyp E

Diskussion am 9.11.2023 in der Architekturgalerie München

Rückschau Diskussionsrunde zum Gebäudetyp E am 9.11.23

Mit der Diskussionsrunde endete die Wanderausstellung Faktor Wohnen der Stiftung Trias, welche die mitbauzentrale nach München in die Architekturgalerie geholt hatte. Im Rahmen der Ausstellung stellten die mitbauzentrale und Architekturgalerie ein umfangreiches Begleitprogramm zusammen, welches auf großes Interesse stieß.  
So auch am Donnerstagabend, am dem über 80 Gäste fast zwei Stunden konzertiert und interessiert der Podiumsdiskussion lauschten, welche von Octavianne Hornstein und Nicola Borgmann von der Architekturgalerie moderiert wurde.  

Der Gebäudetyp E ist eine Initiative der Bayerischen Architektenkammer. Sie zielt darauf ab, einfaches und experimentelles Bauen zu ermöglichen, indem ein Rahmen geschaffen wird, der Planern, Bauherren und Firmen in die Lage versetzt, eigene Lösungen zu entwickeln, ohne an die Umsetzung von festgelegten Normen gebunden zu sein.   
Zu Beginn erläuterte Rainer Post von der Bayerischen Architektenkammern, die verschiedenen Arten von Normen und Anforderungen, die beim Bauen grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Er erklärte wie DIN-Normen und anerkannte Regeln der Technik entstehen.
Florian Dilg von Zwing l Dilg Architekten und einer der Initiatoren der Initiative beschrieb den aktuellen Stand der Diskussion. Die bayrische Initiative wird nun auf Bundesebenen durch die Bundesarchitektenkammer weitergeführt. Gespräche laufen aktuell mit dem Bau- und Justizministerium.  
Ein großer Meilenstein wäre eine Änderung im BGB. Architekten sind verpflichtet, ein mängelfreies Werk herzustellen. Dies bedeutet nach der aktuellen Rechtslage jedoch nicht nur, dass das Bauwerk ohne Schaden ist, sondern ein Mangel besteht auch dann, wenn trotz voller Funktionstüchtigkeit DIN -Normen nicht eingehalten werden. Die Anpassung des BGB ist Grundvoraussetzung für die Anwendung des Gebäudetyps e. In der derzeitigen Praxis sind Abweichungen nur schwer umsetzbar und entbinden den Planer nicht der Haftung.  

Normen sind grundsätzlich sinnvoll und hilfreich, wenn man auf der Suche nach einer bewährten konstruktiven Lösung ist, so Dilg. Die Zahl der Normen und Anforderungen steigt jedoch stetig und mit ihnen der gesetzte Standard und die Baukosten. Der Verzicht und die Rückbesinnung auf das Nötige kann nicht nur Kosten senken, sondern ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz sein, durch Reduzierung von Materialeinsatz.  

Das Podium ist sich einig, dass dies insbesondere für low-tech gilt. So wenig Technik wie möglich einzubauen ist das Ziel, denn gegen den hohen Technikeinsatz in der Haustechnik sprechen in der praktischen Erfahrung auch Folgekosten, Wartung und Nutzerverhalten.

Hier müssen laut Birgit Eckert-Gmell, Vorstand der Igewo und der Münchner Vereinigung Anreize an die Planer gesetzt werden, günstig zu planen und zu reduzieren. In einem aktuellen Vorhaben in Augsburg, in welchen einige Ansätze des einfachen Bauens verfolgt werden, hätten sie mit den Planern Erfolgshonorare vereinbart.  
Dies bestätigt Ole Beißwenger, Abteilungsleiter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG. Die GWG hat bereits vor 10 Jahren ein Modellprojekt „Minimalhaus“ errichtet. Die kostentechnischen Stellschrauben, welche im Rahmen des Projektes Detail untersucht, erläuterte Herr Beißwenger. Das Minimalhaus wurde noch 3 weitere Male umgesetzt. Aus Sicht der GWG ein gelungenes Vorhaben, auf Grund der Bauleitplanung jedoch nicht überall umsetzbar. Auch mit den Mietern würde es keinerlei Probleme geben. Sie wurden in den Mietverträgen auf Standardabweichungen hingewiesen.  
Bei Genossenschaften kann die Kommunikation mit den späteren Bewohnern schon im Planungsprozess stattfinden, so Ivan Grafl, Projektleiter bei Wagnis eG. Mit der Baugruppe könne man Standardabweichungen besprechen. Dies wurde in Einzelfällen auch schon gemacht. Letztlich handelt es sich bei den Wohnenden in der Genossenschaft um ganz normale Mieter.  
Es bestehe grundsätzlich großes Interesse an der Vereinfachung von Standards seitens der Bauherren, wenn die Haftungs- Gewährleistungs- und Versicherungsfragen, wie von Florian Dilg erläutert, geklärt würden.  

Viele Anordnungen entstehen auch durch die Wohnungsbauförderung, die sehr hohe Standards setzt. In Einzelfällen können sie in der Bewilligungsstelle Abweichungen zulassen, sagte Carole Rausch von der Wohnungsbauförderung der LHM. Zudem haben sie mit den „Wohnlaboren“ die Möglichkeiten geschaffen von klassischen Grundrissen des sozialen Wohnungsbaus abzuweichen.  
Beim Gebäudetyp E gibt es kein Schema f. Es bedarf einer Einzelfallbetrachtung und viel Kommunikation, Bauherr mit Planer, um gleich zu Beginn gemeinsame Zielsetzungen festlegen, mit den Firmen und den Mietern. So eröffnen sich Möglichkeiten und Spielräume für einfaches und experimentelles Bauen.  

Wichtig sind, so das Fazit, viele gebaute Beispiele, die die Qualität einfacher Bauvorhaben verdeutlichen, wie beispielweise die experimentellen Wohnhäuser von Florian Nagler in Bad Aibling.  Gut, dass das Bayerische Stadtministerium für Wohnen mit Pilotprojekten das einfache Bauen im Sinne des Gebäudetyp E erproben möchte. Die Igewo hat ihr Projekt in Augsburg bereits angemeldet…
Die Diskussionsrunde war sehr gelungener Abschluss der Ausstellung Faktor Wohnen, darin sind sich bei dem gemeinsamen Ausklang alle einig.  

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