Generalversammlung in einer eG in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen

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COVID19 - Pandemie *Erleichterungen der Teilnahme an einer Versammlung oder Hauptversammlung

Im Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Vereinsrecht, Stiftungsrecht und Wohnungseigentumsrecht werden Erleichterungen der Teilnahme an einer Versammlung oder Hauptversammlung für den Zeitraum ab 28.03.2020 bis 31.12.2021 geschaffen.

Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-,Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungender COVID-19-Pandemie(COVZvRMG)

https://www.buzer.de/gesetz/13842/index.htm

Insofern sieht § 3 COVZvRMG nun eine pragmatische Vorgehensweise vor, ohne dass dies in der Satzung so vorgesehen ist:

(1) Abweichend von § 43 Absatz 7 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzes können Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist. Der Vorstand hat in diesem Fall dafür zu sorgen, dass der Niederschrift gemäß § 47 des Genossenschaftsgesetzes ein Verzeichnis der Mitglieder, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben beigefügt ist. Bei jedem Mitglied, das an der Beschlussfassung mitgewirkt hat, ist die Art der Stimmabgabe zu vermerken. Die Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung kann unbeschadet der Regelungen in § 51 Absatz 1 und 2 des Genossenschaftsgesetzes nicht auf Verletzungen des Gesetzes oder der Mitgliederrechte gestützt werden, die auf technische Störungen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung nach Satz 1 zurückzuführen sind, es sei denn der Genossenschaft ist Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

(2) Abweichend von § 46 Absatz 1 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzeskann die Einberufung im Internet auf der Internetseite der Genossenschaft oder durch unmittelbare Benachrichtigung inTextform erfolgen.

Lautdem Prüfverband GVB Genossenschaftsverband Bayern e.V. hat die Überschreitung der Sechsmonatsfrist des § 48 Abs. 1 Satz 3 GenG keineSanktionen zur Folge und führt im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung auch nicht dazu, dass die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung in Zweifel gezogen werden könnte.

Die wichtigste Beschlussfassung der Generalversammlung ist gemäß§ 48 Abs 1 S. 1 GenG

„Die Generalversammlung stellt den Jahresabschluss fest“.

§ 3 COVZvRMG sieht ausnahmsweise vor, dass die Feststellung durch den Aufsichtsrat erfolgen kann und damit die entsprechenden Zahlungen(Auseinandersetzungsguthaben, Dividenden) erfolgen können.

(3) Abweichend von § 48 Absatz 1 Satz 1 des Genossenschaftsgesetzeskann die Feststellung des Jahresabschlusses auch durch den Aufsichtsrat erfolgen.

(4) Der Vorstand einer Genossenschaft kann mit Zustimmung desAufsichtsrats nach pflichtgemäßem Ermessen eine Abschlagszahlungauf eine zu erwartende Auszahlung eines Auseinandersetzungs-guthabens eines ausgeschiedenen Mitgliedes oder eine an ein Mitgliedzu erwartende Dividendenzahlung leisten;

§ 3 COVZvRMG ermöglicht aber keine Bild- und Tonübertragung derGeneralversammlung (ohne entsprechende Satzungsregelung). Damit sindWahlen nicht möglich, da sich jede_r einen persönlichen Eindruck von denKandidat_Innen machen muss.

§ 3 COVZvRMG sieht stattdessen vor, dass ausnahmsweise Mitglieder desVorstandes und des Aufsichtsrates bis zur Bestellung seines Nachfolgers imAmt bleiben.

(5) Ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats einerGenossenschaft bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zurBestellung seines Nachfolgers im Amt. Die Anzahl der Mitglieder desVorstands oder des Aufsichtsrats einer Genossenschaft darf weniger alsdie durch Gesetz oder Satzung bestimmte Mindestzahl betragen.

Aktuell können Vorstand und Aufsichtsrat auf Grund der Ausgangs-beschränkungen nicht in gewohnter Weise in gemeinsamen Sitzungen arbeiten. § 3 COVZvRMG sieht dafür vor, dass ausnahmsweise Umlaufverfahren inTextform (= Mails) oder in Telefon- oder Videokonferenzen möglich sind. Diesgilt insbesondere für die Feststellung des Jahresabschlusses.

(6) Sitzungen des Vorstands oder des Aufsichtsrats einerGenossenschaft sowie gemeinsame Sitzungen des Vorstands und desAufsichtsrats können auch ohne Grundlage in der Satzung oder in derGeschäftsordnung im Umlaufverfahren in Textform oder als Telefon- oderVideokonferenz durchgeführt werden.

Das Gesetz schafft für die aktuelle Krise Rechtssicherheit für Vorstand undAufsichtsrat. Für die korrekte Abwicklung wird dringend angeratenorganisatorische und zeitliche Abläufe intern zu dokumentieren, Sitzungenausführlicher zu protokollieren und insbesondere die Generalversammlung mitschriftlicher Beschlussfassung sorgfältig vor- und nachzubereiten.

Sowohl Betriebsgeheimnisse als auch personenbezogene Daten (wie Mailadressen) sind zu schützen. Es mag sein, dass insofern der gute alte Brief eine Handlungsoption ist – wenn verschlüsselte europäische Onlinelösungen nicht für alle Mitglieder leicht nutzbar sind.

Die aktuelle Krise mag eine Anregung sein, die Möglichkeiten des § 43 Abs. 7 GenG für die Generalversammlung hinsichtlich Beschlussfassung und/oder Bild-Tonübertragungen als Satzungsänderung zu überdenken.

 

© Rechtsanwältin / Projektberaterin Angelika Majchrzak-Rummel Stand 30.03.2020

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Für Genossenschaften sind am 07.05.2020 und am 09.07.20 zwei webinare geplant
https://www.wohnprojekte-portal.de/veranstaltungen/

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